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Flugbericht 27.12.2020 Bad Langensalza (Hainich / Thüringer Wald)

erstellt von Christof Maul zuletzt verändert: 19.10.2021 00:07
Wellefliegen von Bad Langensalza aus im Lee des Hainich und des Thüringer Walds. Vielen Dank an das Flugplatzteam aus Bad Langensalza für die freundliche Aufnahme und Unterstützung!

Im Warmsektor vor einer Kaltfront eines ausgeprägten Tiefs über Schottland sollte sich eine südliche bis südwestliche Strömung einstellen mit Windgeschwindigkeiten von 100 bis 120 km/h. Die Situation am Boden:

ZAMG Bodenkarte, 0 UTC ZAMG Bodenkarte, 6 UTC ZAMG Bodenkarte, 12 UTC ZAMG Bodenkarte, 18 UTC

und in der Höhe:

500 hPa Geopotential / Temperatur / Bodendruck, 0 UTC 500 hPa Geopotential / Temperatur / Bodendruck, 6 UTC 500 hPa Geopotential / Temperatur / Bodendruck, 12 UTC 500 hPa Geopotential / Temperatur / Bodendruck, 18 UTC

Tatsächlich zeigt der Meininger Temp von 12.00 UTC (im Luv des Thüringer Waldes) starken Wind um Südwest und eine das Schwingen begünstigende Inversion in Kammhöhe mit hoher Feuchte auf Inversionshöhe und in großer Höhe. Auf den Satellitenbildern ist erkennbar, dass die Feuchte in der Höhe den Blick auf die tiefer liegenden Wolkenstrukturen behindert.

 Temp Meiningen, 12 UTC

Die Vorhersagen waren sich einig, dass die Atmosphäre anschwingen würde.

Vorhersage RASP NL, 11.30 MEZ, 795 mbar Vorhersage Skysight, 12 MEZ, 2000 m Vorhersage DWD, 12 UTC, 1500 m 

Bei Ankunft in Bad Langensalza kurz vor 8 Uhr stand eine wirklich unverschämt gut aussehende Lenticularis-Woke über dem Thüringer Wald, und der Bodenwind aus Süd stand genau quer auf der Bahn.

Foto: Christof Maul Foto: Christof Maul

Unter der Lenticularis-Wolke standen Rotorbänder, so dass die Welle in allen Höhen gut markiert war. Der erste Start erfolgte am 9.30 in die optisch besser ausgeprägte Sekundärwelle des Thüringer Walds, ca. 10 km südlich des Platzes von Bad Langensalza, auf halbem Wege nach Gotha. Das wäre nicht nötig gewesen, denn die Primäwelle des Hainich wäre näher gewesen, aber erstens hinterher ist man immer schlauer, und zweitens waren Experimente mit niedrigen Ausklinkhöhen nicht empfehlenswert, da das alte LX5000-Vario in der LS6 bei Minusgraden immer erst einmal komplett schwarz bleibt, bis der eigene Körper das Cockpit etwas aufgeheizt hat. Wenn man keinen Integrator hat, ist es ebenso hilfreich wie beruhigend, eine Rotor-Luvkante neben sich zu haben. Im Gradeausflug ließen sich so bis Gotha hin und zurück ca. 1000 Höhenmeter gewinnen, mit Steigwerten um 1 bis maximal 2 m/s. Ein Windbestimmungskreis ergab eine Windgeschwindigkeit von ca. 100 km/h aus 210°. Zurück nach Nordwesten war die Bewölkung in Verlängerung des Werratals für ca. 10 km unterbrochen, wo es erwartungsgemäß auch nicht stieg, dahinter begann die gut gezeichnete Primärwelle des Hainich mit ähnlichen Steigwerten wie in der Sekundärschwingung des Thüringer Walds. Das Durchfliegen der Werratal-Lücke kostete etwa 500 Höhenmeter - man muss ja etwas vorhalten bei diesen Windgeschwindigkeiten. Die Hainichwelle war dann ausfliegbar bis Dingelstädt nördlich von Mühlhausen, wo die Föhnlücke aufhörte und geschlossene Bewölkung unterhalb begann, weswegen ich umkehrte, um zu sehen, wie weit man Richtung Südosten kommen würde. Einige in Alkersleben gestartete Piloten hatten gutes Steigen im Platzbereich gemeldet. Bis dorthin ließ sich ohne Höhenverlust in ungefähr 2500m Höhe im Geraudeausflug entlang eines Rotorbands vorfliegen. Dort lockte die schön ausgebildete Rotorwolke der Primärwelle bei Ilmenau. Der Entschluss da hinein zu springen, erwies sich im Nachhinein als ein Fehler, denn die 10 km Vorflug gegen den Wind kosteten 1000 Höhenmeter, und die Primärwelle war dann schwächer als die sekundäre. Das war etwas ärgerlich, denn das Fallen war mit bis zu -6m/s auf dem Weg dorthin nicht von schlechten Eltern gewesen, so dass ich geduldig mir mit dem mäßigen Steigen der Primärwelle erst wieder etwas Luft unter dem Rumpf verschaffen musste. Damit ließ sich bis Pennewitz weiter fliegen, allerdings trocknete es weiter im Südosten zunehmend ab, so dass statt Rotorbändern nur noch isolierte Rotorwollken vorhanden waren. Das zusammen mit der eher enttäuschenden Erfahrung des Sprungs in die Primärwelle ließ meinen Mut sinken, in diese Richtung weiter zu fliegen, und mich wieder zurückspringen in die Sekundärschwingung bei Arnstadt. Dort gab es dann sehr gutes Stiegen mit Spitzen bis zu 3 m/s, natürlich nur kurz hinter der Stelle, an der ich eine halbe Stunde zuvor den Entschluss zu meinem dummen Ausflug in die Primärwelle gefasst hatte. Elena Mascus mit der LS3 war dort in der Sekundärwelle geblieben und mit dem schönen Steigen weiter bis Rudolstadt weiter geflogen, wo sie aber auch wegen der Abtrocknungen kehrt machte. Der Rückweg nach Nordosten verlief dann ähnlich wie der Hinweg, luvseitig einzelner isolierter Rotorwölkchen durch das blaue Werratal-Loch in die schön markierte Hainich-Primärwelle bis zum Ende der dazu gehörenden Föhnlücke bei Dingelstädt. Mehr war unterhalb von FL100 nicht herauszuholen.

Tim Sirok mit der ASH26 war mittlerweile über Dingelstädt bis nach Göttingen hinausgeflogen, aber in FL 140, von wo man einen etwas besseren Überblick über die Wolkenstrukturen auf Kurs hatte. Mein Versuch, es ihm gleich zu tun, scheiterte zunächst an der Flugsicherung, die mir keine Höhen-Freigabe erteilte, weil mir auf meinem Wunschkurs voraus ein Segelflugzeug entgegenkäme, in FL130. Parbleu ;-) Als ich die Freigabe dann hatte, brach das Wellensystem nach und nach zusammen, als die Kaltfront fast schon da war, und am Hainich bin ich nicht mehr über FL110 hinaus gekommen. Tim ist bei Waltershausen in der Primärwelle zur gleichen Zeit allerdings noch bis auf FL200 gestiegen, und auch Elena hat noch einmal Höhe getankt in der Welle der Fahner Höhe, vielleicht habe ich mich also auch einfach nur dumm angestellt. 

Eine klassische Föhn-Autobahn: Lenticularis in der Höhe, Rotorband unterhalb, Föhnlücke voraus. Wind von rechts mit 100 km/h. Foto: Christof Maul Foto: Christof Maul

Fazit: Leider hat der Tag nicht ganz gehalten, was die Vorhersagen versprochen hatten, aber dennoch war es einer der besseren Wellentage in den deutschen Mittelgebirgen. Im Nordwesten hat geschlossene Bewölkung und im Südosten die Abtrocknung bei nur mäßigem Steigen das Weiterfliegen erschwert. Dazwischen war das Wolkenbild nahezu lehrbuchartig und, vor allem in der Frühe bei Sonnenaufgang, atemberaubend schön. Wieder ein hoch interessanter Tag, und wieder vielen, vielen Dank an das Flugplatzteam aus Bad Langensalza!

Flug von Christof Maul auf Skylines: https://skylines.aero/flights/128018
Flug von Elena Macus auf Skylines: https://skylines.aero/flights/128019
Flug von Tim Sirok auf Skylines: https://skylines.aero/flights/128020

Flüge von Elena Mascus, Christof Maul und Tim Sirok 

 

Kachelmann-Wetter, 8.30 - 16.30 MEZ, im 5-Minuten-Abstand

Kachelmann-Wetter, 8.30 - 16.30 MEZ, im 5-Minuten-Abstand

Verifikation der Vorhersagen

Alle Vorhersagen haben darüber übereingestimmt, dass die Welle anschwingt. Wind und Wellenlängen waren zutreffend vorhergesagt. Die Wellenlänge betrug ca. 12 km.

 Flugweg und vorhergesagte Steiggebiete von Skysight Flugweg und vorhergesagte Steiggebiete von RASP NL (1 km Auflösung)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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