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Flugbericht 19.11.2020 Bad Langensalza (Hainich / Thüringer Wald)

erstellt von Christof Maul zuletzt verändert: 03.12.2020 21:42
Wellefliegen im Hainich-Lee von Bad Langensalza aus: Meteorologisches, Flugbericht und -bilder, etwas zur (Un)genauigkeit der Vorhersagemodelle und warum der Thüringer Wald heute nicht funktionierte. Von Elena Mascus und Christof Maul (Akaflieg Frankfurt). Dank an das Flugplatzteam aus Bad Langensalza für die freundliche Aufnahme und Unterstützung!

Zwischen zwei Kaltfronten sollte es ein kleines Wellenfenster geben. Die erste sollte am Vormittag durch sein und die zweite erst abends kommen. Dazwischen war Westwind vorhergesagt mit 60 bis 80 km/h. Am Boden:

ZAMG Bodenkarte, 0 UTC ZAMG Bodenkarte, 6 UTC ZAMG Bodenkarte, 12 UTC ZAMG Bodenkarte, 18 UTC

und in der Höhe:

500 hPa Geopotential / Temperatur /Bodendruck, 0 UTC 500 hPa Geopotential / Temperatur /Bodendruck, 6 UTC 500 hPa Geopotential / Temperatur /Bodendruck, 12 UTC 500 hPa Geopotential / Temperatur /Bodendruck, 18 UTC

Tatsächlich zeigt der Meininger Temp von 12.00 UTC (im Luv des Thüringer Waldes) Wind um West und eine das Schwingen begünstigende Inversion in Kammhöhe, allerdings auch eine recht hohe Feuchte auf Inversionshöhe.

 Temp Meiningen, 12 UTC

Die Vorhersagen waren sich einig, dass die Atmosphäre anschwingen würde.

Vorhersage RASP NL, 12 MEZ, 795 mbar Vorhersage Skysight, 12 MEZ, 2000 m Vorhersage DWD, 12 UTC, 1500 m 

Die Anreise am frühen Morgen erfolgt durch den Regen der Kaltfront. Bei Ankunft in Bad Langensalza hörte der Niederschlag auf und am Horizont im Westen klarte es plangemäß auf.

Foto: Elena Mascus Foto: Elena Mascus

Das Wolkenbild war variabel, und eindeutige, gut lesbare Wellenstrukturen bildeten und lösten sich schneller auf, als sich ein Flugzeug aufrüsten ließ. Kurz vor 11 Uhr (lokal) dann der erste Start von Elena mit der LS 4, 20 Minuten später meiner mit der LS 6. Der Wind war genau 270° mit ca. 70 km/h. Die Föhnlücke im Hainich-Lee hielt mit über 2 m/s Steigen, was sie versprach. Sie war schön ausgebildet und ließ sich entlang des Hainich über eine Distanz von mehr als 30 km, querab des Flugplatzes Eisenach-Kindel im Südosten bis nordwestlich Mühlhausen, bei beständigem Steigen im Geradeausflug ausfliegen.

Foto: Elena Mascus Eine klassische Föhn-Autobahn wie aus dem Lehrbuch mit fast allen Zutaten, die es gibt: Sonnenbeschienener Boden in der Lücke, Schatten unter dem Rotorband, leeseitig Wolkenkante mit davor hängenden Rotorfetzen. Wind von links mit 70 km/h. Foto: Christof Maul

Dort war die Föhnlücke dann zu Ende und wich einer geschlossenen Wolkendecke unterhalb, über die wir uns nicht allzuweit vorzufliegen wagten. Beim Rückflug sahen wir dann der Föhnlücke Nr. 1 im Hainich-Lee des Hainich dabei zu, wie sie sich schloss. Option 1 wäre da ein schneller Abstieg gewesen. Stattdessen bot sich aber Option 2, über das leeseitige Rotorband in die 9 km entfernte zweite Lücke zu springen, die sich so schnell öffnete, wie die erste sich schloss. In der zweiten Lücke konnten wir dann bis an deren Ende hinter der CTR Erfurt hinaus nach Südosten fliegen.

Leider wurden die Steigwerte im Laufe des Tages schwächer, und das Spiel mit dem raschen wechselweisen Schließen der ersten und der zweiten Föhnlücken wiederholte sich noch mehrfach. Unter den Wolken war die Schichtung labil und es zogen Schauer durch, von denen wir aber oben nichts mitbekamen. Die Wolkenoptik veränderte sich während des ganzen Fluges so schnell, wie ich es noch nie erlebt habe, und wir mussten ständig auf der Hut sein, Bodensicht zu behalten, um immer über eine funktionierende Abstiegsmöglichkeit zu verfügen. Letzten Endes sind wir so mehrmals zwischen der ersten und der zweiten Lücke hin- und hergesprungen.

Gegen Ende des Tages wurden die herannahenden Schauer intensiver und auch aus der Höhe sichtbar, so dass wir (mit Erfolg) zusahen, die Flugzeuge trocken wieder in die Hänger zu bekommen.

Fazit: Die Hainich-Welle stand und war sowohl optisch als auch von den Steigwerten her zu Beginn des Tages am stärksten. Das Wolkenbild war extrem variabel und gegen Ende des Tages schwerer lesbar. Die (zeitweise) hohe Feuchte hat verhindert, größere Strecken zu fliegen, obwohl das Steigen das zugelassen hätte. Ein hoch interessanter Tag. Vielen Dank an das Flugplatzteam aus Bad Langensalza für die freundliche Aufnahme und Unterstützung! Ohne Euch wäre das nicht möglich gewesen.

Flug von Elena Macus auf Skylines: https://skylines.aero/flights/127726
Flug von Christof Maul auf Skylines: https://skylines.aero/flights/127697

Flugweg und Bewölkung (Satellit Aqua) Flugweg und Bewölkung (Satellit NOAA-20)

Kachelmann-Wetter, 8.00 - 17.00 MEZ, im 5-Minuten-Abstand

Kachelmann-Wetter, 8.00 - 17.00 MEZ, im 5-Minuten-Abstand

Der Tag hatte noch zwei weitere interessante Aspekte zu bieten:

1) Verifikation der Vorhersagen

Alle Vorhersagen haben darüber übereingestimmt, dass die Welle anschwingt. Der Wind war von allen zutreffend vorhergesagt. Aber die Wellenlängen stimmte bei keiner, und die Positionen der Steiggebiete nur teilweise. Einfach den gerechneten Steiggebieten auf dem Tablet nachzufliegen, hätte heute nicht funktioniert.

Die Wellenlänge betrug 8 bis 9 km, die vorhergesagten waren eher 15 km. Das erste Steiggebiet lag 6 km hinter dem auslösenden Hainich, in guter Übereinstimmung mit der Pratschen Faustformel "Windgeschwindigkeit in km/h dividiert durch 10". Da die vorhergesagte Windgeschwindigkeit stimmte, muss das Problem die Stabilität der Luftmasse gewesen sein. Das frei verfügbare hoch auflösende RASP-Modell aus den Niederlanden schneidet in dieser Hinsicht leider auch nicht besser ab (aber sicherlich auch nicht schlechter) als die kommerziellen Modelle.

Flugweg und vorhergesagte Steiggebiete des DWD  (als Wavemap-Luftraumdatei)  Flugweg und vorhergesagte Steiggebiete von Skysight Flugweg und vorhergesagte Steiggebiete von RASP NL (1 km Auflösung)

2) Rhön als Störfaktor für den Thüringer Wald

In Arnstadt-Alkersleben waren die Bedingungen deutlich schlechter als am Hainich, und Flüge waren nur in Platznähe möglich. Ein Grund mag sein, dass der Thüringer Wald bei Westwind etwas ungünstiger angeströmt wird als der Hainich. Für den Hauptgrund halte ich aber die gestörte Anströmung des Thüringer Walds durch die vorgelagerte Rhön. Bei genauer Betrachtung der Satellitenbilder (und auch der Wellenvorhersagen) sieht man deutliche Interferenzerscheinungen, die das ohnehin variable und schwer durchschaubare Wolkenbild hinter dem Thüringer Wald vollends durcheinander gebracht haben.

 Deutlich sichtbar die Interferenzstrukturen östlich der Rhön (im Gebiet Erfurt-Würzburg) durch Überlagerung der Rhönwelle mit der des Türinger Walds. Weiter nördlich, zwischen Erfurt und Kassel, ungestörte Wellenschwingung vom Werratal-Hainisch-System.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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