Wellen-Streckenflug von Rinteln in Richtung Thüringer Wald
Dass der Samstag, der 12. Oktober Potenzial für Wellenstreckenflüge hat, war schon am Vortag in den Wellenprognosen zu sehen. Und so bereiteten sich auf verschiedenen Flugplätzen im Bereich Weserbergland, Harz und Thüringer Wald eine ganze Reihe von Wellenfliegern auf einen guten Tag vor. In Rinteln hatte ich die Möglichkeit, im Rahmen des Herbstfluglagers der Airbus Segelfluggemeinschaft Bremen, zusammen mit meinem Vereinskameraden Michael Kretschmer, den Arcus T zu fliegen. Kurz vor dem Start habe ich noch zwei Screenshots gemacht. Die DWD-Vorhersage zeigte eine Abschwächung der Wellen im Laufe des Tages.
Screenshot der DWD Vorhersage und des Satellitenbildes von Samstag Morgen
Zum "Nachfliegen" der Link: Flug bei Skylines
Nach dem Start ging es zunächst im Hangwind in Richtung Osten zur Schaumburg.
Schöne morgendliche Stimmung (Foto: Michael Kretschmer)
Erstes Zwischenziel war die Schaumburg-Welle, um Höhe zu "machen". Ein erster Versuch, aus ca. 500 m Richtung Weser vorzustoßen, war erfolglos. Zurück am Hang, flogen wir dann erst einmal auf ca. 700 m Höhe und kamen am Ostrand von Hessisch-Oldendorf in zunächst schwer nutzbare Rotoren. Unsere Geduld zahlte sich aus, wir schafften den Einstieg in die Welle und erreichten unter Nutzung des Transponders in der TMZ knapp FL 100.
In der Schaumburgwelle, Blick nach Osten. Im Vordergrund Hessisch-Oldendorf
Foto: Michael Kretschmer
Immer wieder faszinierend, wie das Hügelland mit einer maximalen Höhe von 340 m (Rumbecker Berg) bei einer Höhe des Wesertals von ca. 60 m (Hessisch-Oldendorf) in der Lage ist, Wellen bis 3000 m (und mehr?) auszulösen.
Danach ging es ungefähr via Hameln mit wenig Höhenverlust Richtung Ithwiesen, wo wir auf die Vogler-Welle hofften. Nutzbares Steigen fanden wir in unserer Höhe (ca. 2700 m) nicht. Dies passt auch zu dem Bericht von Guido Hovestadt-Roser vom gleichen Tag, der erreichte Höhen in der Vogler-Welle von 1900 m bzw. 2200 m erwähnt.
Die Wolkenoptik verleitete uns zu einem Schlenker Richtung Alfeld, wo wir aber ebenfalls nur zeitweise minimales Steigen vorfanden. Unser nächstes Ziel sollte die Werratalwelle sein, da wir sie als eine "sicher Bank" erhofften. Deswegen wollten wir uns zunächst nicht zu weit nach Osten abdriften lassen und flogen wieder eine Wolkenlücke mehr Richtung Süd-Südwest an. Wir erreichten nach einem Höhenverlust auf etwa 2000 m den Flugplatz Weper, wo wir sehr schwaches Steigen vorfanden, das einige Kilometer weiter südöstlich etwas stärker wurde, und das wir geduldig bis etwa 3000 m ausflogen. Diese Höhe sollte reichen, um ausreichend hoch nach Hedemünden und Witzenhausen zu kommen. Cirka ein Drittel der Strecke dorthin hatten wir "null" bzw. ganz geringen Sinken. Als die Sinkwerte wieder schlechter wurden, flogen wir, mangels wolkenoptischer Unterstützung zielstrebig Richtung Hedemünden.
Blick Richtung Süden, im Vordergrund Göttingen, rechts unten die A7
Die Werratalwelle "ging", aber eigentlich hatten wir uns bei dem Wind mehr erwartet. Dies und die Erfahrungen der vorhergehenden Wellen zeigten, dass es sicher nicht der optimale Wellentag war. Dennoch waren wir froh, dass wir in der Werratalwelle nochmal Höhe machen konnten und so immerhin schon mal einen Wellenflug vom Weserbergland zur Werra geschaft haben.
Wir flogen Richtung Südost und fanden im Lee des Hohen Meißners nochmal Steigen, das wir wiederum bis 3000 m nutzten.
So weit gekommen, stand natürlich das nächste große Ziel im Raum, die Welle des Thüringer Walds zu erreichen. Über Funk wußten wir schon, dass von Alkersleben einige in der Thüringerwald-Welle waren. Aber auch, dass nicht alles so einfach war. Christof war auch in Alkersleben gestartet und versuchte, nach Hessen vorzudringen, hatte aber keinen Erfolg damit. Unser Blick von Eschwege Richtung Thüringen sah so aus ...
Blick von etwa Eschwege in Richtung Thüringer Becken
... und wir interpretierten die einzelnen aufgereihten Wölkchen als Rotoren und stachen hoffnungsvoll Richtung Luvseite der Wölkchen. An keiner dieser Wolken fanden wir Steigen. Cirka 30 km vor Eisenach mussten wir uns entscheiden: weiterfliegen oder umkehren? Wir entschieden uns für Umkehren, auch die vorhergesagte Abschwächung der Wellen im Hinterkopf. Beim Rückweg tauchten wir dann ins Niveau der Rotoren ein, wo wir aber nirgends mehr nutzbares Steigen fanden. Im Werratal waren wir schon auf 700 m runter, und wir warfen den Turbo an. Nachdem ein erster Versuch, auf 1000 m Höhe im Werratal wieder Anschluss zu finden, erfolglos war, nahmen wir erneut den Motor und flogen geradewegs Richtung Norden. Mittlerweile war Thermik im Spiel, die uns dabei unterstützte, bis zum Ith zu kommen. Ab da war es entspannte Hangfliegerei.
Skysight-Vorhersage (850 mbar) von 13.00 MESZ
Skysight-Vorhersagen (700 mbar) von 13.00 MESZ
Aus der Sicht des Thüringer Walds (Christof Maul)
Insgesamt 16 Flüge sind am 12.10. im OLC dokumentiert, mit Starts in Arnstadt-Alkersleben, Jena und Rudolstadt. Der Wind kam unterhalb von 3000m aus 260° mit 80 bis 90 km/h. Die Welle war zwar hochreichend, und mehrere Flüge gingen bis oberhalb 6000m, aber das Steigen war schwach, und südöstlich von Eisenach, also das gesamte Lee des Thüringer Walds, war blau. Weiter im Nordwesten waren mit gutem Willen Rotorbänder zu sehen, die parallel zu den auslösenden Kämmen standen. Die Primärwelle stand auf der Linie Waltershausen-Ilmenau-Pennewitz, die sekundäre ca. 15 km dahinter auf der Linie Arnstadt-Gotha.
In den Vorhersagen waren zwei durchgehende Steiggebiete vom Thüringer Wald bis zur Weser zu sehen, das erste als Verlängerung der Primärwelle das Werratal hinunter, das zweite als Verlängerung der Sekundärwelle über das Lee des Hainich bis Göttingen und weiter bis zum Wesergebirge. Mein Plan, mit der LS6 in der zweiten Linie nach Nordwesten zu fliegen, ist leider zwei Mal grandios gescheitert. Ohne Bewölkung bei schwachem Steigen und mit einer deutlich Gegenwindkomponente habe ich es nicht geschafft, an Gotha vorbei zu kommen, obwohl ich es zwei Mal versucht habe. Angesichts des Berichts von Thomas bin ich froh, dass ich mich nicht getraut habe, die Wolken hinter Eisenach, die ich für Rotorwolken gehalten habe, anzufliegen, obwohl die Versuchung groß war. Mit großer Wahrscheinlichkeit hätte das wohl auf einem Acker geendet. Am Nachmittag trocknete die vormittags im Nordwesten sichtbare Bewölkung ab, so dass im Wolkenbild keine Wellenstruktur mehr erkennbar war.
Was bei der Betrachtung der gesammelten Tracks auffällt, ist, dass das Steigen (gelb/orange) eher punktuell aufgetreten ist und nicht, wie man es sich wünscht, linienförmig angeordnet, was mir auch beim Fliegen schon aufgefallen war. Außerdem liegen die eher isoliert auftretenden Steiggebiete nicht wirklich gut in den rot markierten Wavemap-Steiggebieten der DWD-Vorhersage. Das ist auch für die Skysight-Vorhersage der Fall. Eigentlich erkennt man im Wesentlichen drei isolierte Hotspots, die eher dreiecksförmig angeordnet sind: Einen über Ilmenau im Süden, einen nördlich davon am Südostrand der ED-R 95 (Ohrdruf) und den dritten im Nordosten über dem Alkerslebener Platz. Möglicherweise ist in der fast westlichen Strömung gar nicht der Hauptkamm des Thüringer Walds, sondern sind besser quer zum Wind gelegene Querrippen Wellenauslöser gewesen. Das würde sowohl zu der versetzten Anordnung der Steiggebiete als auch zu deren isoliertem Auftreten passen und überdies erklären, warum es nicht möglich war, an Gotha vorbei zu kommen. Allerdings hätten die Vorhersagen das dann nicht gesehen.
Artikelaktionen