NW / Rhön
Zwischen einem Hoch über Westeuropa und einem Tief über Skandinavien sollte sich nach Weihnachten eine nordwestliche Strömung über Mitteleuropa aufbauen, die am Erzgebrige und an der Rhön Leewellen hervorrufen müsste. Durch die allmähliche Verlagerung der Druckgebiete nach Osten sollte, bevor das Hoch angekommen wäre, ausreichende Stabilität und nicht zu hohe Feuchte eine fliegerische Nutzung erlauben. Nordwestlagen sind ja leider häufig nicht fliegerisch nutzbar, weil die Luftmasse zu instabil und zu feucht ist.
Die Wahl fiel aus pragmatischen Gründen auf die Rhön, da sie erstens nicht so weit weg ist und zweitens Michael Seischab und Angelika Mayr eine Schleppmöglichkeit organisiert hatten. Vielen Dank dafür an den Aeroclub Bad Neustadt. In der Nacht vom 26.12. auf den 27.12. fiel leider doch noch leichter Regen, und die Rhön bekam einen Puderzuckerüberzug aus Schnee. Morgens waren im Westen dann und wann die durch eine pulsierende Föhnlücke sonnenbeschienen Rhönhänge zu erkennen. Am Platz selbst war die Bewölkung geschlossen mit einer Untergrenze von ca. 1100 m MSL (800 m über Grund). Der Wind am Platz kam (meist) aus Südwest, in der Höhe aber aus 310° mit 50 bis 70 km/h. Mit gutem Willen war im Westen eine Kante eines Rotorbandes zu identifizieren. Keine optimalen Bedingungen also, aber ausreichend, um einen Start zu rechtfertigen.
Der erfolgte gegen 11.30h in die primäre Föhnlücke, die genau in Windrichtung ca. 15 km entfernt vom Platz lag. Zur Erreichung einer akzeptablen Geschwindigkeit über Grund musste der Schlepp etwas schneller sein als üblich, was die eigentlich mäßigen Rotorturbulenzen deutlich spüren ließ. Die Föhnlücke selbst wartete mit 2 bis 2.5 m/s laminarem Steigen auf, und so war FL100 relativ schnell erreicht. Leider wurde die Föhnlücke zusehends kürzer und schmaler, so dass ich zunächst auf eine Warteposition in 1800 m MSL (ca. 300 m über den Wolken) herunterging und dann durch die letzte Lücke unter die Wolken abgestiegen bin, bevor die auch noch zuging. Dort konnte ich mich dann eine Dreiviertelstunde zwischen 1300 m und 1500 m halten. An ein Durchsteigen nach oben war aber bei der nahezu geschlossenen Bewölkung nicht zu denken. Nach knapp einer Stunde ging die Lücke wieder auf, und dann ging es auch wieder zügig bis auf FL100. Die Ausdehnung der Lücke quer zur Windrichtung betrug nicht viel mehr als 20 km, und an den jeweilgen Enden im Südwesten und im Nordosten war kein Steigen mehr vorhanden. Springen in andere Lücken, die nur erahnbar waren, war mir zu heikel, so dass ich das einzige Loch, das Bodensicht bot, nicht verlassen habe. Interessanterweise ging die Primärlücke nach etwa einer Stunde wieder zu, wofür sich aber die sekundäre etwa 10 km leewärts öffnete. Nach dem Sprung dorthin dauerte es aber nur eine Viertelstunde, bis auch die wieder zuging, und ich musste mich beeilen, durch das letzte Loch abzusteigen, bevor es verschwunden war. Nach insgesamt 3 Stunden war der ganze Spuk dann vorbei. Der Flug ist bei Skylines dokumentiert: https://skylines.aero/flights/71497.
Dieses Mal war es wegen der hohen Feuchte nur möglich, lokal zu fliegen (Flugweg über Satellitenbild / Flugweg über Topographie).In den Satellitenbildern kann man eine dritte Schwingung Richtung Schweinfurt sehen und auch, dass alle drei Schwingungen nach Südwesten ein ganzes Stück weiter gegangen sind. Außerdem war interessanterweise luvseitig, bei Bad Hersfeld etwa, gar keine Bewölkung vorhanden. Das gesamte Satellitenbild zeigte für das Erzgebirge sehr schön ausgeprägte Wellenstrukturen, auch noch für den 28.12. Allerdings sind weder beim OLC noch im tschechischen Online-Portal Flüge dokumentiert. Auch der Taunus löst bei Nordwest Schwingungen aus, die fast den gesamten Lufraum C von Frankfurt ausfüllen.
Eine ähnliche Wetterlage mit etwas weniger Feuchte gab es am 25.2.2012. Da waren drei statt nur zwei Schwingungen ausfliegbar und die (ausfliegbare) Ausdehnung des Systems quer zum Wind betrug etwa 60 km statt nur 20 km. Ein ausführlicher Bericht dazu findet sich unter http://www.schwerewelle.de/berichte/2012/25.2.12-rhoen-nw.
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