Sie sind hier: Startseite / Berichte / 2014-2009 / 2011 / 11.11.2011/SO (Südost) Harz/Acker bis Hoher Meißner ZR

Harz bis Hoher Meißner/SO (Südost)

erstellt von Rickmer Bothe zuletzt verändert: 20.11.2011 16:34
Harz bis Hoher Meißner / 4100 MSL, 275 OLC-km; Pilot: Jens Rickmer Bothe

 

Bericht
Rickmer Bothe 
Datum
11.11.2011
Windrichtung
SO (Südost)
Ort des Wellensteiggebietes
Harz bis Hoher Meißner
Auslöser
Im Harz Ackerwelle
Erreichte Höhe und Strecke
4100 MSL            275 km OLC
Zeit-Bezugssystem
UTC
Höhen-Bezugssystem
QNH
Weitere Daten
Verein:                      LSV Goslar
Flugzeugtyp:                 EB 28 ed
-------------------
Startort:                    Goslar Bollrich 
Platzhöhe:                   272m
      
Startzeit:                   09.52 UTC
Landeort:                    Goslar
Landezeit:                   15.26 UTC
-------------------
Bodenwindrichtung:           100 bis 130 Grad
Bodenwindstärke:             15 bis 25 Kmh    
-------------------
Einstieg in die Welle/n:     Harz,östlich Clausthal Ackerwelle 10.15 in 1600 MSL 
                             Weiter Wellen (schwächer auf dem Flug Richtung Süden
                             siehe Bericht)
                                     
Einstieg(e) aus:             Eigenstart
Einstieg(e) in Höhe:         1600 MSL
Angetroffene Steigwerte:     max bis 1,5 - 2,0 m/s
Erreichte Höhe(n):           4100 MSL , Gegen Abend wieder 2500 abgebrochen(SS)
Ausdehnung des Steiggebietes:Siehe IGC-Datei ortsfest über gesamten Zeitraum
-------------------
Vermuteter Auslöser:         Höhenzug der Acker


Höhenwindrichtung(en):       110 bis 130, später bis 160 Grad zwischen 
                             1500MSL und 4100 MSL
 
Höhenwindstärke(n):          Siehe Anlagen 
 
Temperaturangaben:           Sehr stark ausgeprägte Inversion mit unterer Wolkenebene
        

Flugbericht zum 11.11.2011  D-KRBA

 

Mal etwas anderes – Wellenstreckenflug bei einer  SO-Wetterlage

 

1. Die Entwicklung

 

Meteorologisch war es bis jetzt schon ein seltsamer Herbst. Die klassischen SW-Lagen  wollten dieses Jahr einfach nicht kommen und wenn, dann mindestens an Wochentagen und meist mit frühen Frontdurchgängen. Dafür gab es reichlich Ost/Südost-Lagen, eigentlich untypisch für diese Jahreszeit.

Schon am 24.10.11 hatte sich ein SO-Kanal von Ost-Österreich bis nach Dänemark eingestellt und auf den Karten von RASP und Cosmo.de zu markanten Wellenvorhersagen geführt. Leider konnten wir den Tag nicht nutzen, aber sowohl in Hattdorf  als auch im Sauerland gingen die Flüge dabei bis 3000 MSL.  

Für den 11.11.11 war eine ähnliche SO-Wetterlage vorhergesagt. Das Tief mit seinen Fronten südwestlich von England und das dominierende Russlandhoch mit Kern über dem Baltikum führten zu einer recht stabilen, fast ortsfesten und geradlinigen SO-Strömung für unseren Raum.(Abb.1  die 30 h Prognose USAF)

Die Vorhersagen von Cosmo zeigten Wellenbildungen sogar bis auf FL 180 für den gesamten Raum Erzgebirge-Sauerland-Harz. Es sollte aber teilweise auch Nebel-Wolken im bodennahen Bereich geben.

Der Plan drängte sich fast auf. Wenn schon am 24.10. die erfolgten Starts hinsichtlich SO-Welle an den vorhergesagten Punkten erfolgreich waren und keine SW-Lage kommt, dann sollte diese Wetterlage einen Versuch im Wellenstreckenflug bei SO vom Harz möglich machen. Eine erste Bestätigung der Einschätzung ging mit der Warnung von Erland ein. Die Karten von Cosmo bestätigten am Morgen des 11.November die Vorhersagen und Einschätzungen, leider lagen keine Daten von RASP vor.(Abb. 2 Cosmo Fl 50 und 100 für 12:00)

Der morgendliche Blick aus dem Fenster machte das Vorhaben allerdings zunächst sehr fraglich. Nebel bis Dunst und nicht eins der letzten Blätter bewegte sich an den Bäumen! Als „Aufbauhilfe“ gab es da nur die ersten Sat-Bilder nach SR, sie zeigten den Harz ohne Bewölkung. Der Brockenwind war stabil bei 55-65 km/h aus 130 Grad.

Auf dem Flugplatz  Goslar/Bollrich waren die Bedingungen zunächst von dem sonnigen Harzrand und den tiefen Wolken in der Ebene geprägt. Diese Wolken waren aber so dünn, dass immer wieder blaue Bereiche durchkamen. Matthias Gedan konnte uns aus einem  frühen  Flug Berlin-Münster aus der Cockpitsicht  berichten. Aus 22000 ft sah er den Harz völlig wolkenfrei und weiter westlich den Ith und den Solling ebenfalls.

 

2. Der Flug

Um 10:50 loc kann ich dann endlich starten. Die Bewölkung hatte sich über Teilen des Nordharzrandes aufgelöst. Mit dem Triebwerk steige ich über dem Harz in ein strahlendes Panorama aus Weiß und Blau.(Abb.3 Oberharz und Brocken)

In ca. 2100 MSL fahre ich das Triebwerk ein und gleite Richtung Clausthal. Etwa 5 Km östlich von Clausthal ist der Einstieg in 1500 MSL mit ca. 0,5m/s. Berücksichtigt man das Eigensinken mit 0,5m/s, stimmt die Cosmo-Vorhersage sehr genau nach Lage und Stärke der Welle.

Bei den eher schwachen Steigwerten dauert es fast eine Stunde, bis ich die Freigabe von Bremen brauche, um über FL 100 zu steigen. Mit Steigwerten um 0,5 m/s geht es weiter bis 3800 MSL, dann wird das Steigen langsam schwächer. Um 12:50 loc bin ich schließlich auf gut 4100 MSL.

Das Panorama der tief unter mir liegenden Bewölkung, teilweise mit schwach erkennbaren Wellenstrukturen an der Oberseite, und die fast unglaubliche Sichtweite sind wirklich beeindruckend. Im Südwesten kann ich den Solling gut erkennen, die Wolkenbank südlich des Harzes endet etwa entlang der Autobahn Sessen-Kassel. Westlich dieser Linie, also parallel zu meinem geplanten Kurs nach Süden, liegt nur der Dunst unterhalb der Inversion. Der Südwestharz ist mit seinem Vorland ebenfalls offen, eine markante Wolkenkante zieht sich nach etwa 240 Grad (Abb.4 Wolkenkante), während sich im Osten ein Wolkenmeer erstreckt (Abb. 5 Harz Richtung Ost).

Als ich mit Kursrichtung 210 Grad und der Zustimmung aus Bremen den Harz verlasse, startet in Hattdorf Matthias Picht mit seiner DG. Die Linie Duderstadt-Göttingen passiere ich in 3500 MSL. Trotz der Gegenwindkomponente aus 130Grad/ca.55km/h komme ich dank der zeitweise leicht  tragenden Linien und dazwischen nur schwachen Sinkwerten gut voran (Abb. 6 Blick Richtung Solling). Leider finde ich keine echten Steigwerte. Zwischenzeitlich reicht mich der Controller aus Bremen dann an Langen weiter, das läuft sehr unkompliziert und freundlich ab, ich kann problemlos weiter fliegen!

Etwa 10 km vor Bebra muss ich mich entscheiden. Laut Cosmo ist die nächste stärkere Welle an der Wasserkuppe. Das wären um 14:00 loc noch gut 50 km bei ausreichender Höhe. Aber die Zeit ist um diese Jahreszeit der Gegner. Eine Rückkehr bis 16:30 (SS) nach Goslar ist dann bei den schwachen Steigwerten wohl nicht mehr machbar. Also drehe ich und fliege Richtung Meißner nach NW. In 2150 MSL, etwa 7 km SO vom Meißner finde ich eine schwache Welle mit max. 0,6 m/s, aber gut 200 m höher geht es auf Null zurück.(Abb.7 Wolkenkante vom Meißner)

Die Linie trägt aber auch bei jetzt leichtem Rückenwind noch einige Kilometer Richtung Nord. Für die anschließenden noch gut 60 km bis Hattdorf  verbrauche ich etwa 800 Höhenmeter.

Östlich von Osterode kann ich in 1300 MSL um 15:10 loc wieder schwaches Steigen erfliegen. Bei 0,3 bis 0,6 m/s bleibe ich zunächst im südlichen Bereich der Ackerwelle, verlagere dann etwas höher aber weiter Richtung Oberharz und in 2000MSL steigt es dort mit 1,0m/s, weiter Richtung Torfhaus auch mit gut 1,5m/s.(Abb.8 Welleneinstieg Südharz)

Der Wind hat etwas gedreht und kommt jetzt auf dem Brocken mit 65 km/h aus 160 Grad. Wohl deshalb hat sich die Ackerwelle verlagert und bringt stärkeres Steigen im Bereich Oberharz.

Ich treffe Matthias in der Welle und fliege noch ein paar Minuten (und Fotos) mit ihm zusammen, dabei steige ich auf knapp 2900 MSL. Es steigt weiter, aber die restlichen 40 Minuten bis SS will ich nutzen, um den von Cosmo aufgezeigten Verlauf des Steiggebietes nach NNO abzufliegen. Leider wird die Zeit dabei doch etwas knapp, ich  drehe deshalb ca. 20 km nördlich Bad Harzburg um, Kurs Goslar. Die Vario-Werte entsprechen dabei, bis auf wenige Abweichungen,fast durchgehend dem polaren Sinken. Nur direkt über Goslar in etwa 1000MSL kann ich bis knapp 1m/s Steigen durchfliegen, aber die Zeit, das genauer zu erfliegen, fehlt leider. Die eingetretene Südkomponente im Wind macht die Vorhersage in dem durchflogenen Bereich jetzt wohl etwas fraglich.

Auf dem Flug Richtung Goslar kann ich ein grandioses Farbfeuerwerk der flach stehenden Sonne auf dem Dunst und den Wolkenbänken erleben.(Abb.9 Abendlicht über dem Harz)

Der Vorharz und Harz sind am Nachmittag großflächig wolkenfrei geworden. Allerdings ist die Sicht mit 8 – 10 km unter der Inversion gewöhnungsbedürftig - anders als während des gesamten Fluges im „oberen Stockwerk“, es ist dunstig.

Der Bodenwind in Goslar ist schwach mit 10 bis 15 km aus SO, pünktlich vor Sonnenuntergang bin ich nach 275 Km zurück.

Nach dem Öffnen der Haube dauert es einen Moment mit der Umstellung. Gerade noch die schier unbegrenzte Sicht, das Licht der Abendsonne auf den Wolken - und nun das trübe Novemberlicht der beginnenden Dämmerung hier am Boden.

Ein nicht alltäglicher Wellenflug im Norddeutschen November ist nach über 5 Stunden zu Ende.

Goslar im November 2011

Jens und Rickmer Bothe

 

PS:

Eine Nachbetrachtung und einige Auswertungen zu dem Flug wollen wir auf unserem Jahrestreffen in Göttingen vorstellen.

PS:

Bitte bei Bedarf die hier nicht angezeigten Abb's links oben auf dieser Seite über Link direkt öffnen.

 

IGC Datei herunterladen: 1BBV0YT1.igc

Abb. 4  Wolkenkante aus 4000 MSL

comment

 

Abb 5: Harz Richtung Ost aus  4100 MSL

comment

 

 

Abb 9: Abendlicht über dem Harzcomment

 

 

 

 

 

 

Artikelaktionen