Harz bis Hoher Meißner/SO (Südost)
- Bericht
- Rickmer Bothe
- Datum
- 11.11.2011
- Windrichtung
- SO (Südost)
- Ort des Wellensteiggebietes
- Harz bis Hoher Meißner
- Auslöser
- Im Harz Ackerwelle
- Erreichte Höhe und Strecke
- 4100 MSL 275 km OLC
- Zeit-Bezugssystem
- UTC
- Höhen-Bezugssystem
- QNH
- Weitere Daten
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Verein: LSV Goslar Flugzeugtyp: EB 28 ed ------------------- Startort: Goslar Bollrich Platzhöhe: 272m Startzeit: 09.52 UTC Landeort: Goslar Landezeit: 15.26 UTC ------------------- Bodenwindrichtung: 100 bis 130 Grad Bodenwindstärke: 15 bis 25 Kmh ------------------- Einstieg in die Welle/n: Harz,östlich Clausthal Ackerwelle 10.15 in 1600 MSL Weiter Wellen (schwächer auf dem Flug Richtung Süden siehe Bericht) Einstieg(e) aus: Eigenstart Einstieg(e) in Höhe: 1600 MSL Angetroffene Steigwerte: max bis 1,5 - 2,0 m/s Erreichte Höhe(n): 4100 MSL , Gegen Abend wieder 2500 abgebrochen(SS) Ausdehnung des Steiggebietes:Siehe IGC-Datei ortsfest über gesamten Zeitraum ------------------- Vermuteter Auslöser: Höhenzug der Acker Höhenwindrichtung(en): 110 bis 130, später bis 160 Grad zwischen 1500MSL und 4100 MSL Höhenwindstärke(n): Siehe Anlagen Temperaturangaben: Sehr stark ausgeprägte Inversion mit unterer Wolkenebene
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Flugbericht zum 11.11.2011 D-KRBA
Mal etwas anderes – Wellenstreckenflug bei einer SO-Wetterlage
1. Die Entwicklung
Meteorologisch war es bis jetzt schon ein seltsamer Herbst. Die klassischen SW-Lagen wollten dieses Jahr einfach nicht kommen und wenn, dann mindestens an Wochentagen und meist mit frühen Frontdurchgängen. Dafür gab es reichlich Ost/Südost-Lagen, eigentlich untypisch für diese Jahreszeit.
Schon am 24.10.11 hatte sich ein SO-Kanal von Ost-Österreich bis nach Dänemark eingestellt und auf den Karten von RASP und Cosmo.de zu markanten Wellenvorhersagen geführt. Leider konnten wir den Tag nicht nutzen, aber sowohl in Hattdorf als auch im Sauerland gingen die Flüge dabei bis 3000 MSL.
Für den 11.11.11 war eine ähnliche SO-Wetterlage vorhergesagt. Das Tief mit seinen Fronten südwestlich von England und das dominierende Russlandhoch mit Kern über dem Baltikum führten zu einer recht stabilen, fast ortsfesten und geradlinigen SO-Strömung für unseren Raum.(Abb.1 die 30 h Prognose USAF)
Die Vorhersagen von Cosmo zeigten Wellenbildungen sogar bis auf FL 180 für den gesamten Raum Erzgebirge-Sauerland-Harz. Es sollte aber teilweise auch Nebel-Wolken im bodennahen Bereich geben.
Der Plan drängte sich fast auf. Wenn schon am 24.10. die erfolgten Starts hinsichtlich SO-Welle an den vorhergesagten Punkten erfolgreich waren und keine SW-Lage kommt, dann sollte diese Wetterlage einen Versuch im Wellenstreckenflug bei SO vom Harz möglich machen. Eine erste Bestätigung der Einschätzung ging mit der Warnung von Erland ein. Die Karten von Cosmo bestätigten am Morgen des 11.November die Vorhersagen und Einschätzungen, leider lagen keine Daten von RASP vor.(Abb. 2 Cosmo Fl 50 und 100 für 12:00)
Der morgendliche Blick aus dem Fenster machte das Vorhaben allerdings zunächst sehr fraglich. Nebel bis Dunst und nicht eins der letzten Blätter bewegte sich an den Bäumen! Als „Aufbauhilfe“ gab es da nur die ersten Sat-Bilder nach SR, sie zeigten den Harz ohne Bewölkung. Der Brockenwind war stabil bei 55-65 km/h aus 130 Grad.
Auf dem Flugplatz Goslar/Bollrich waren die Bedingungen zunächst von dem sonnigen Harzrand und den tiefen Wolken in der Ebene geprägt. Diese Wolken waren aber so dünn, dass immer wieder blaue Bereiche durchkamen. Matthias Gedan konnte uns aus einem frühen Flug Berlin-Münster aus der Cockpitsicht berichten. Aus 22000 ft sah er den Harz völlig wolkenfrei und weiter westlich den Ith und den Solling ebenfalls.
2. Der Flug
Um 10:50 loc kann ich dann endlich starten. Die Bewölkung hatte sich über Teilen des Nordharzrandes aufgelöst. Mit dem Triebwerk steige ich über dem Harz in ein strahlendes Panorama aus Weiß und Blau.(Abb.3 Oberharz und Brocken)
In ca. 2100 MSL fahre ich das Triebwerk ein und gleite Richtung Clausthal. Etwa 5 Km östlich von Clausthal ist der Einstieg in 1500 MSL mit ca. 0,5m/s. Berücksichtigt man das Eigensinken mit 0,5m/s, stimmt die Cosmo-Vorhersage sehr genau nach Lage und Stärke der Welle.
Bei den eher schwachen Steigwerten dauert es fast eine Stunde, bis ich die Freigabe von Bremen brauche, um über FL 100 zu steigen. Mit Steigwerten um 0,5 m/s geht es weiter bis 3800 MSL, dann wird das Steigen langsam schwächer. Um 12:50 loc bin ich schließlich auf gut 4100 MSL.
Das Panorama der tief unter mir liegenden Bewölkung, teilweise mit schwach erkennbaren Wellenstrukturen an der Oberseite, und die fast unglaubliche Sichtweite sind wirklich beeindruckend. Im Südwesten kann ich den Solling gut erkennen, die Wolkenbank südlich des Harzes endet etwa entlang der Autobahn Sessen-Kassel. Westlich dieser Linie, also parallel zu meinem geplanten Kurs nach Süden, liegt nur der Dunst unterhalb der Inversion. Der Südwestharz ist mit seinem Vorland ebenfalls offen, eine markante Wolkenkante zieht sich nach etwa 240 Grad (Abb.4 Wolkenkante), während sich im Osten ein Wolkenmeer erstreckt (Abb. 5 Harz Richtung Ost).
Als ich mit Kursrichtung 210 Grad und der Zustimmung aus Bremen den Harz verlasse, startet in Hattdorf Matthias Picht mit seiner DG. Die Linie Duderstadt-Göttingen passiere ich in 3500 MSL. Trotz der Gegenwindkomponente aus 130Grad/ca.55km/h komme ich dank der zeitweise leicht tragenden Linien und dazwischen nur schwachen Sinkwerten gut voran (Abb. 6 Blick Richtung Solling). Leider finde ich keine echten Steigwerte. Zwischenzeitlich reicht mich der Controller aus Bremen dann an Langen weiter, das läuft sehr unkompliziert und freundlich ab, ich kann problemlos weiter fliegen!
Etwa 10 km vor Bebra muss ich mich entscheiden. Laut Cosmo ist die nächste stärkere Welle an der Wasserkuppe. Das wären um 14:00 loc noch gut 50 km bei ausreichender Höhe. Aber die Zeit ist um diese Jahreszeit der Gegner. Eine Rückkehr bis 16:30 (SS) nach Goslar ist dann bei den schwachen Steigwerten wohl nicht mehr machbar. Also drehe ich und fliege Richtung Meißner nach NW. In 2150 MSL, etwa 7 km SO vom Meißner finde ich eine schwache Welle mit max. 0,6 m/s, aber gut 200 m höher geht es auf Null zurück.(Abb.7 Wolkenkante vom Meißner)
Die Linie trägt aber auch bei jetzt leichtem Rückenwind noch einige Kilometer Richtung Nord. Für die anschließenden noch gut 60 km bis Hattdorf verbrauche ich etwa 800 Höhenmeter.
Östlich von Osterode kann ich in 1300 MSL um 15:10 loc wieder schwaches Steigen erfliegen. Bei 0,3 bis 0,6 m/s bleibe ich zunächst im südlichen Bereich der Ackerwelle, verlagere dann etwas höher aber weiter Richtung Oberharz und in 2000MSL steigt es dort mit 1,0m/s, weiter Richtung Torfhaus auch mit gut 1,5m/s.(Abb.8 Welleneinstieg Südharz)
Der Wind hat etwas gedreht und kommt jetzt auf dem Brocken mit 65 km/h aus 160 Grad. Wohl deshalb hat sich die Ackerwelle verlagert und bringt stärkeres Steigen im Bereich Oberharz.
Ich treffe Matthias in der Welle und fliege noch ein paar Minuten (und Fotos) mit ihm zusammen, dabei steige ich auf knapp 2900 MSL. Es steigt weiter, aber die restlichen 40 Minuten bis SS will ich nutzen, um den von Cosmo aufgezeigten Verlauf des Steiggebietes nach NNO abzufliegen. Leider wird die Zeit dabei doch etwas knapp, ich drehe deshalb ca. 20 km nördlich Bad Harzburg um, Kurs Goslar. Die Vario-Werte entsprechen dabei, bis auf wenige Abweichungen,fast durchgehend dem polaren Sinken. Nur direkt über Goslar in etwa 1000MSL kann ich bis knapp 1m/s Steigen durchfliegen, aber die Zeit, das genauer zu erfliegen, fehlt leider. Die eingetretene Südkomponente im Wind macht die Vorhersage in dem durchflogenen Bereich jetzt wohl etwas fraglich.
Auf dem Flug Richtung Goslar kann ich ein grandioses Farbfeuerwerk der flach stehenden Sonne auf dem Dunst und den Wolkenbänken erleben.(Abb.9 Abendlicht über dem Harz)
Der Vorharz und Harz sind am Nachmittag großflächig wolkenfrei geworden. Allerdings ist die Sicht mit 8 – 10 km unter der Inversion gewöhnungsbedürftig - anders als während des gesamten Fluges im „oberen Stockwerk“, es ist dunstig.
Der Bodenwind in Goslar ist schwach mit 10 bis 15 km aus SO, pünktlich vor Sonnenuntergang bin ich nach 275 Km zurück.
Nach dem Öffnen der Haube dauert es einen Moment mit der Umstellung. Gerade noch die schier unbegrenzte Sicht, das Licht der Abendsonne auf den Wolken - und nun das trübe Novemberlicht der beginnenden Dämmerung hier am Boden.
Ein nicht alltäglicher Wellenflug im Norddeutschen November ist nach über 5 Stunden zu Ende.
Goslar im November 2011
Jens und Rickmer Bothe
PS:
Eine Nachbetrachtung und einige Auswertungen zu dem Flug wollen wir auf unserem Jahrestreffen in Göttingen vorstellen.
PS:
Bitte bei Bedarf die hier nicht angezeigten Abb's links oben auf dieser Seite über Link direkt öffnen.
IGC Datei herunterladen: 1BBV0YT1.igc
Abb. 4 Wolkenkante aus 4000 MSL
Abb 5: Harz Richtung Ost aus 4100 MSL
Abb 9: Abendlicht über dem Harz
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