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1 x Landau Ebenberg / 6.965m

erstellt von Jörg Dummann zuletzt verändert: 09.02.2011 06:20
Jochen (Polsz, AC Landau)

 

IGC-Datei von Jochens Flug

 

Name
Jochen Polsz
Datum
05.02.2011
Windrichtung
W (West)
Ort des Wellensteiggebietes
Leewelle Pfälzer Wald
Auslöser

Erreichte Höhe
6965m
Zeit-Bezugssystem
UTC
Höhen-Bezugssystem
QNH
Bericht
Flugzeugführer:Jochen Polsz
Verein:Aero-Club Landau
Flugzeugtyp:Antares 20E
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Startort: Landau Ebenberg
Startzeit: 07:51 UTC
Landeort: Landau Ebenberg
Landezeit: 16:07 UTC
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Bodenwindrichtung: Süd-West
Bodenwindstärke: 20 km/h
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Einstieg in die Welle/n: Zwischen Neustadt und Landau, westlich Edenkoben

Für jedes Wellensystem:
Einstieg(e) aus: Eigenstart
Einstieg(e) in Höhe:1100m
Angetroffene Steigwerte:3-5m
Erreichte Höhe(n):   1)  5500m / 2) 6956m
Ausdehnung des Steiggebietes:Zwischen Neustdt und Bad Dürkheim
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Vermuteter Auslöser:Haardtkante
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Höhenwindrichtung(en): 300Grad
Höhenwindstärke(n): 80-90 km/h
Temperaturangaben: 5500m -20  /  7000m -30
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Freie Schilderung:

Liebe Flieger

 

Es war einmal.... so fängt oft ein Märchen an. Auch wurden schon viele Geschichten aus dem letzten Jahrhundert übers Fliegen auf dem Ebenberg erzählt. Es wurde berichtet, daß einige mal in einer Welle über Neustadt auf 5000m Höhe waren. Aber da es mangels fehlender Ausrüstung (Transponder) mehr oder weniger illegal war blieb es nur eine Geschichte. Auch war die Dokumentation durch GPS und Logger noch nicht möglich.Gestern wurde aber wirklich Geschichte geschrieben! Legal und dokumentiert.

Wir schreiben den 5. Februar 2011. Normalerweise wird um diese Zeit nicht ans Segelfliegen gedacht, höchstens in Afrika oder auf der Südhalbkugel. Aber selbst da lassen die großen Flüge wetterbedingt schon nach.

Es sollte ein "warmes" Wochenende werden, 12 Grad sind Goldwert. Ein kräftiges Tief im Norden und ein großes Hoch im Süden, und wir mittendrin in der sehr starken Westströmung. Es wurde in Fachkreisen schon davor gewarnt, daß ein große Welle bevor steht.

Aber richtig weiß man es erst am letzten Tag, wenn die Vorhersagen sich nicht mehr verändern.

Es war richtig was los  auf dem Flugplatz morgens um 8 Uhr. Beide Doppelsitzer wurde bei uns startklar gemacht, die DJK baute auch einige Flugzeuge auf, und ich unsere Antares.

Um 8:50 Uhr bin ich dann gestartet. Wie so oft, wieder viel zu spät, da die Wolkendecke sich doch schon merklich über Landau geschlossen hatte und man dann immer bis ans Hambacher Schloss fliegen muß, bevor man über die Wolken steigen kann. Basis lag bei 900m über Platz. Kurz über die Wolkenbasis vor den Wolken gestiegen und man merkte gleich wie das Vario 3-4 m mehr aus-schlug. Das ist das Zeichen auszuklinken, bzw. den Motor einzufahren.

danach geht es in beschaulicher Weise rasant an den Wolken vorbei in die Höhe. Die Oberkante der Wolkenbänke lag bei 1600m. Man fühlt sich wie in den Alpen, wenn man am Hang entlang fliegt und es nur bergauf geht. Kurze Zeit späte lässt man die Wolken unter sich  und 'reitet' die Welle ab und sucht das stärkste Steigen. Es stellt sich, wie so oft zwischen Neustadt und Bad Dürkheim ein und so war ich schon nach 30min auf 3000m Höhe. Das Steigen ging aber weiter. Viel mußten bei dieser Höhe leider aufhören, doch mit einem Transponder und einer Anfrage bei Langen-Info, bekam ich nach kurzer Rücksprache der Fluglotsen, eine Freigabe bis FL140, etwas über 4200 Meter.Oh Klasse dachte ich und bedankte mich höflich. Nach 20 min. war ich auch in dieser Höhe angelangt. Es stieg aber weiter... Also erneute Anfrage, ob noch eine höher Freigabe möglich sei. Der Lotse bat wieder um einen Moment Geduld und erlaubte mir dann bis FL180 zu steigen, knapp 5500 Meter!! Ist doch schon ein Ding, dachte ich. Ich wollte den Lotsen nicht weiter strapazieren, auch weil ich noch nie von einer höheren Freigabe bisher gehört habe.

Was macht man jetzt mit dieser Höhe. Ein Blick bis zum Horizont, die kompletten Alpen waren deutlichst zu sehen, Aber sonst nur ein Meer aus Wolken, mit einigen Lücken, überwiegend östlich des Rheines und halt der Föhnlücke unter mir.

Ich dachte, daß es möglicherweise auch Welle im Schwarzwald gibt. Die Berge dort sind ja wesentlich höher. Also fragte ich nach,ob ich Südkurs in Richtung Murgtal fliegen dürfte. Kein Problem, kam von Langen-Info. Man fühlt sich wie ein Linienflieger wenn man  von einem Lotsen geführt wird und hinweise bekommt, wenn eine Linienmaschine den Weg kreuzt.

Nach einer halben Stunde genüsslichem Abgleiten kam ich über Gaggenau  in 4000 m an. Aber von einem Aufwind war nichts zu spüren. Kurzerhand, bevor ich  noch mehr Höhe verlor, habe ich wieder den Heimweg angetreten, da ich diesmal den Wind ja auf der Nase hatte. Und 80 km/h sind nicht gerade wenig. Bei Bellheim kam ich dann in 1900m in die Sekundärwelle (2.Wellental) und hatte wieder 2 Meter steigen. Ich flog in dieser Welle bis nach Worms und wechselte dann wieder gegen den Wind in die 1.Welle bei  Bad Dürkheim.

Steigwerte zwischen 1 und 3 Meter ließen wieder eine rasche Höhe zu. Da der Lotse mich ja die ganze Zeit auf seinem Radar gesehen hat, bekam ich ohne nachzufragen wieder eine Höhenfreigabe bis FL180. Er hatte übrigens in dieser Zeit sehr wenige Motorflieger zu betreuen, man bekommt das mit, da man die ganze Zeit auf seiner Frequenz bleiben muß, damit er einen vor Gefahren warnen kann. Nach einer knappen Stunde Steigflug fragte ich dann nach,ob noch eine Steigerung möglich sei. Nach kurzer Absprache bekam ich Freigabe bis FL210!! Ich mußte schmunzeln, da ich damit nicht gerechnet hatte. Ich werde mich anstrengen habe ich dann gemeint.

Und so stieg ich weiter, nicht mehr so stark aber beständig mit 0,3 bis 1m. FL210 sind 6400 Meter!

Eine knappe halbe Stunde später war ich auch in dieser Höhe angekommen. Es stieg immer noch weiter und ich fragte mich, wie hoch kann man denn überhaupt eine Freigabe bekommen. Ich wieder Langen gerufen und diese Frage gestellt, was überhaupt möglich sei. Er fragte dann wie hoch ich denn möchte. Das konnte ich schlecht sagen, weil ich ja nicht wußte wie hoch es ging. Nach kurzer Überlegung kam dann die unglaubliche Antwort von Freigabe bis FL240, ohne wenn und aber. Das wären dann 7300 meter gewesen. Es sei alles möglich, er müsse es nur absprechen, hat er nicht genervt gesagt. Und Überhaupt sei es am Wochenende am besten für solche Freigabe, da meistens wenig Flugverkehr vorläge.

Ich gab mir dann nochmal richtig Mühe steigen zu finden.  In 6600 Meter ließ das Steigen aber merklich nach, und ich fragte ob ich nochmal in den Schwarzwald fliegen darf und was ich machen müßte, da in dieser Höhe die Airliner von Frankfurt aus nach Süden fliegen und wir uns kreuzen würden.

Das Murgtal war freigegeben bis nur FL140! Ich mußte also runter.

Ich bin dann mal Richtung Süden losgeflogen, Das ganze Steigen in der letzte Stunde war nur zwischen Neustadt und Bad Dürkheim, da südlich von Neustadt immer noch geschlossene Wolkendecke herrschte und keine ausgeprägte Wellenstruktur zu erkenne war.  

Über dem Hambacher Schloß aber, etwas südlich von Neustadt wurde das Steigen dann aber nochmal stärker und ich stieg mit einem Meter dann doch noch bis FL228.

6965 Meter stand auf meinem Rechner! In diesem Moment funkte Andreas Maurer zu Langen Info um abermals eine Freigabe ohne Transponder zu bekommen. Da die Lotsen sich mittlerweile abgewechselt hatte, mußte er wieder kurz bei seinen Kollegen nachfragen. Diesen Moment nutzte ich um leise in den Funk zu sagen, " Mau 7000". Er hatte es durch Doppelklick verstanden. Ich war ja die ganze Zeit auf der Frequenz und konnte den anderen nicht mitteilen wie es ging. Ich weiß nicht was er in dem Moment gedacht hatte, aber er hat leide wieder eine Absage bekommen.

Ich kann die Lotsen verstehen. Warum sollen sie sich für jemanden in die Nessel setzen, den man weder sieht noch kennt.

 

Jetzt fragt ihr euch bestimmt noch, wie kalt es dort oben ist. Also, bis 5000m war es so um die -20 Grad. Im Flieger war es aber noch sehr angenehm warm. In 7000m hatte ich außen -30 Grad. Da fängt es dann innen auch schon an kalt zu werden. Aber mit Skiunterwäsche und 2 Pullis, Mütze, Heizsohle und festem Schuhwerk lässt es sich noch aushalten. Handschuhe hatte ich nicht an.

 

Das Steigen war dann plötzlich weg und ich fand auch kein stärkeres mehr. Mit 0,1 wollte ich dann doch nicht noch ne halbe Stunde rummachen, um die 7000 auf der Anzeige zu sehen.

Irgendwann ist Schluß dachte ich und bin dann abgestiegen um in 4000m über den Rhein zu fliegen. Zwischendurch bekam ich die Anweisung mal kurz die Höhe zu halten, da eine Linienmaschine nach Zweibrücken minen Weg kreuzen würde.

 

Mittlerweile sah die Wetteroptik südlich Karlsruhe wesentlich besser aus. Schöne Reihungen ließen gutes vermuten. Aber ich fand wieder nichts. Auf der Karlsruher Frequenz traf ich 2 Flieger die in 2500m rumdümpelten! Nach kurzem Suchen bin ich dann abermals Enttäuscht weg geflogen. Diesmal war ich jedoch wesentlich tiefer und ein problemloses Heimkommen war in Frage gestellt. Ich mußte mir etwas überlegen.

 Nach Heidelberg im Norden wäre eine Option, dort in die 4. Welle einzusteigen. Aber Wolkenlücken habe ich dort eigentlich nicht ausmachen können. Und was bringt mir das, wenn ich zwar über Heidelberg bin aber nicht über die Wolken komme.

Über Bruchsal mußte ich mich entschließen. Es ging stellenweise gut abwärts.

Ich entschied mich dann doch für den direkten Heimflug. Unter die Wolken getaucht, Basis ca 1000m, -400m auf Landau und 25 Kilometer gegen 80 km/h Wind, ging es  unter geschlossener Bewölkung mit leichten Ausschlägen Richtung Rhein. Dort wurde das Sinken dann stärker und ich fand mich in 750 NN also 600 m über Grund zwischen Germersheim und Schwegenheim. Ich dachte schon daran auf die letzte Meter noch den Motor zu benutzen. Nach Speyer wäre es aber auch jederzeit möglich gewesen noch hin zu kommen.

Gleichzeitig konnte ich auf dem Boden bei Schwegenheim nordwärts ein scharfe Schattenkante der Wolke ausmachen. Das war die Sekundärwelle. Meine letzte Möglichkeit war es nun im Rotor unter dem Wolkenband hoch zumachen und gegen den Wind vor die Wolke zu fliegen. Gesagt getan, es ging, etwas turbulent, aber ohne Probleme.

Keine 15 min. später war ich wieder mit Steigwerten bis 4 Meter in 2500 m . Jetzt hatte ich aber genug von Höhe machen, und gab Gas um nur noch geradeaus an den Wolken entlang  bis nördlich Worms und zurück nach Landau und nochmal in der 1. Welle nach Bad Dürkheim zufliegen. Abfliegen nenne ich das, wie beim Fußball das Auslaufen  nach einem Spiel. Ein grandioser Tag ging langsam zu Ende. Es  war gar nicht so einfach Fallen zu finden, damit man ohne Klappen zu ziehen unter die Wolken kommt. Dort war es dann aber richtig turbulent und ich wurde wieder in die Realität zurück geholt. Die Welle stand noch lange . Heute Morgen steht sie immernoch und während ich hier sitze und schreibe, sehe ich grad den Duo wieder am Haus vorbeifliegen für einen nächsten Flug in dieser immernoch stehenden Welle.

 

Hier nochmal die Fakten: 8:15 Std. Flugzeit, 465 OLC km und eine erreichte Höhe von 6965 m.

 

Ich hoffe, ihr konntet ein wenig nachvollziehen, wie dieser Flug war und es euch Spaß gemacht hat diesen Bericht zu lesen

 

Und wenn jetzt doch jemand mit dem Gedanken spielt sich einen Transponde anzuschaffen, dann sollte er darauf achten, daß es einer mit Klasse1 ist, der bis 10 km zugelassen ist. Der andere soll nur bis 6000 Meter. Das wäre doch zu schade.;-)

 

Herzliche Grüße und noch viele schöne Flüge,

 

Euer Jochen

 

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Panoramablick nach Nordosten

 

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Panoramablick nach Süden über den Nordschwarzwald

 

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